Presse

Siegener Zeitung, 27. Februar 2014

Geschichte hinter dem Bild

Klaus Süßmann stellt in der IHK Galerie aus: Fragen, aber keine eindeutigen Antworten

Klaus Süßmann zeigt alte und neue Arbeiten in der IHK Galerie unter dem Motto „Was der in die Finger bekommt!“. Foto: gmz gmz Siegen. Seine Bilder und Plastiken, seine Malerei und seine Collagen erzählen Geschichten. Geschichten von einer bewegten Vergangenheit, von harter Arbeit, von Wind und Wetter oder schöner Form. Es sind kleine oder große, ästhetisch ansprechende Objekte, in denen Klaus Süßmann unseren Blick lenkt auf das, was vor unseren Füßen liegt, was uns ins Auge fallen könnte, wenn wir hinschauten, was unbeachtet als Wertstoff neuer Verwendung oder unscheinbar am Wegesrand der Entdeckung harrt. Zu sehen sind sie ab heute, 19 Uhr, in der IHK Galerie Siegen unter dem Motto „Was der in die Finger bekommt!“ (in Zusammenarbeit mit der Art Galerie Helga Oberkalkofen).

Zum Beispiel erzählt der Autodidakt, der um 1980 auf Willi Baumeisters Malerei mit Sandgehalt stieß und dadurch zur Kunst kam, die Geschichte eines Stückes Pappe, das wohl lange Zeit draußen Wind und Wetter ausgesetzt war und sich durch die Wettereinflüsse verändert hat. Seine ursprünglich glatte Oberfläche wich einer aufgerauten, vernarbten. Die Kanten lösten sich auf, und damit die Form. Klaus Süßmann fand das Stück, packte es in einen Rahmen und malte eine Wolke mit Regen und Wind darüber: eine Geschichte von Kunst, Zeit und Wetter! Der Betrachter sieht in der Pappe nicht nur den Einfluss von Zeit und Elementen, sondern meint auch, ein Bild der Erde (die Papp- Strukturen erinnern nämlich an ein Stück gepflügtes Land) auszumachen, das zu weiteren Überlegungen über Sein und Veränderung anregt. Die Arbeit heißt auch „Genese“.

Klaus Süßmanns Arbeiten regen zu Fragen an, bieten aber keine eindeutigen Antworten. Er hört in seiner Gestaltung immer dann auf, sagt er bei der Pressevorbesichtigung der schön präsentierten Ausstellung, wenn noch „etwas offen“ ist, das „Spannung erzeugt“ und ihn und den Betrachter fordert. So spielt das Bildrelief „Sondervig III“ mit verschiedenen ikonografischen und den damit zusammenhängenden inhaltlichen Traditionen. Man könnte in dem schmalen Holzrechteck, das in der Mitte durch ein Holz geteilt und von einem Rundbogen gekrönt wird, eine stilisierte Kreuzesdarstellung sehen oder ein Portal, das von sechs Bildtafeln geschmückt wird (wie auf Bronzetüren des Mittelalters), oder ein Experiment in Sachen Gleichgewicht. Man versucht zu ergründen, wohin das Kunstwerk uns führen will und kommt dabei auf viele Fragen und Aspekte.

Form- und Materialwert spielen für den Siegener Künstler Klaus Süßmann, der in dieser Ausstellung einen Überblick gibt über sein künstlerisches Schaffen von 1987 bis heute, eine große Rolle. Ihn interessiert, ab wann und wie aus verschiedenen Versatzstücken ein neues Bild entsteht – ab wann die Geschichte funktioniert oder eine Frage entsteht.

Dabei lädt er uns auch zum Schmunzeln ein, zum Beispiel in der großen Arbeit „Cocoa- Cacao“. Ein Jutesack zum Transport von Kakaobohnen dient als Bildgrund, aufgedruckt findet man diese beiden Versionen von Kakao: „Cacao“ und „Cocao“. Mit Kakao hat Klaus Süßmann dann große, dunkle Formen auf die Jute gemalt. Behausungen, Felsen, Berge, Landschaften entstehen so; durch die grobe Struktur des Malgrundes gewinnen sie an Tiefe, die der Malerei eine fast plastische Anmutung verleiht.

Beim Betrachten dieses und anderer Jutebilder stellt sich die Erkenntnis ein, wie der Ausstellungstitel vielleicht zu verstehen ist: „Was der in die Finger bekommt, erzählt eine Geschichte!“